Die Abenddämmerung hat längst eingesetzt und die Luft wird spürbar kühler. Während ich die letzten Schritte konzentriert aber entspannt hinter mich bringe, kommen mir Leute entgegen, die mir verwunderte Blicke zuwerfen. Meine Reaktion darauf ist nicht vorhanden, besteht maximal aus einem emotionslosen Blick. Den Fuß durch die Schiebetür gesetzt, strömen mir angenehm warme Luft und ein leichter Chlorgeruch entgegen. Ab jetzt beginnt die Routine. Das Zahlen an der Kassa, die Auswahl des Spints, das ablegen meiner Halskette und der Kleidung, das anlegen der Badehose, das schließen des Spints und die letzten Schritte bis zum Start.

Die Stimmung zu so später Stunde ist sehr eigen und angenehm. Das Rauschen des Wassers, die vielen dezenten Lichter die sich darin spiegeln und die gewaltige Deckenkonstruktion aus Glas, die alles vorhandene doppelt so schön zurückwirft. Ich nehme einen letzten kräftigen Schluck aus meiner Wasserflasche, Blicke auf die Uhr – 20:20 – und begebe mich ohne zu zögern in das Sportbecken. Nach drei Längen auf der Bruststrecke tauche ich unter und drehe mich auf den Rücken. Die 25 Meter dieser Therme gehören mir ganz alleine und das einzige was ich sehe, ist mein Spiegelbild und das mich umgebende, beleuchtete Wasser, dass die Glasdecke in einer gnadenlos schönen Form zurückwirft. 60 Minuten lang ziehe ich kraftvolle Rückenlängen durch das Becken. Länge für Länge, Minute für Minute. Dabei geht es nicht um sportlichen Ruhm oder jemanden etwas beweisen zu wollen. Es geht um’s abzuschalten, den Kopf freizubekommen, neue Ideen zu sammeln und neue Perspektiven zu finden. Dieser Ort – um diese Zeit – scheinen wie geschaffen dafür.

21:20, die letzte Länge und die Routine beginnt erneut. Raus aus dem Becken, das Gesicht abtrocknen und Wasser trinken. Es folgen fünf entspannende Minuten im heißen Außenbecken bis zum Badeschluss. Duschen, abtrocknen, Spint auf, umziehen und zur Kassa. Vor dem Schritt durch die Schiebetür ziehe ich mir die Kaputze des Sweaters über den Kopf, atme noch einmal die warme Luft ein und ziehe erledigt aber zufrieden in die Nacht hinaus.
Ohne Ruhm – aber mit gestärktem Körper, neuen Ideen und neuen Perspektiven.

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