Es gibt viele Fußballvereine in Europa, die bei Fans weltweit einen besonderen Stellenwert besitzen. Die Rede ist hierbei jedoch nicht von den neureichen Glamourklubs wie Paris Saint-Germain, Manchester City oder RB Salzburg. Nein, die Rede ist hier von den Arbeiterklubs, den Vereinen, welche schon seit Jahrzehnten ihre Stadt oder gar ihre ganze Region repräsentieren. Vereine, wo Fußball gearbeitet wird, wo es schmutzig wird, wo Gras fressen angesagt ist. Zu solchen Vereinen gehört etwa der Sunderland Football Club oder der Wimbledon FC in England, die Ruhrgebietsvereine Borussia Dortmund, Schalke 04, VfL Bochum in Deutschland oder der SSC Neapel in Italien sowie AS Saint-Etienne in Frankreich.
Natürlich haben wir in Österreich eine lange Fußballtradition und auch Vereine, welche eine ähnliche Fankultur besitzen. Diese Fankultur ist meist über Jahrzehnte gewachsen, nur ist sie wie alles bei uns eben ein bisschen kleiner. Einer der Fußballvereine in Österreich, welcher über ganz besonders leidenschaftliche Fans verfügt, ist der Sportklub Rapid Wien. Es bedarf keiner Vergleichsseite, um die loyalsten Fans Österreichs zu finden. In den Reihen des Allianz Stadions findet man Fans, die in ganz Europa bekannt und auch berüchtigt sind. Leider haben einige Ereignisse in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass die Ultras der gesamten Fanszene des SK Rapid Wien einen schlechten Ruf verpasst haben. Davon sollte man sich jedoch nicht abhalten lassen, dem Allianz Stadion bei einem Heimspiel von Rapid einen Besuch abzustatten.
Ein Überblick über den Verein Rapid Wien
Wenn man die Fankultur des Klubs aus unserer Hauptstadt verstehen will, dann muss man einen Blick in die Vergangenheit des SK Rapid Wien werfen. Die Anhänger des Fußballvereins weisen immer wieder auf den Status Rekordmeister hin. In den Straßen Wiens hört man gern den Spruch vom Rekordmeister seit der ersten Saison. Fakt ist jedoch, dass der Vorzeigeklub aus Wien sich in Sachen Tradition hinter keinem anderen europäischen Verein verstecken muss. Gegründet wurde er nämlich bereits im Jahre 1897, damals noch unter dem Namen 1. Wiener Arbeiter Fußballklub“. Es gibt allerdings noch eine Besonderheit von Rapid Wien, welche man bei unseren deutschen Nachbarn nicht gerne hört. Rapid Wien ist bis heute der einzige deutsche Meister, welcher nicht aus Deutschland kommt.
Die Vereinsfarben des Hauptstadtklubs sind grün und weiß, weshalb man Rapid Wien oftmals in Österreich als die Grün/Weißen bezeichnet. In den vergangenen Jahren machte der Fußballverein jedoch meist mehr neben als auf dem Platz auf sich aufmerksam. Vor allem das Jahr 2013 wird den meisten Menschen in Österreich noch in Erinnerung sein. In diesem Jahr kamen Gerüchte über finanzielle Probleme auf, welche durch Dietmar Horscher letztendlich bestätigt wurden, da er als Präsidentschaftskandidat Einblick in die Bücher erhielt. Neben einem neuen Präsidenten musste man in Wien damals auch einen neuen Sportdirektor suchen. Mittlerweile scheint glücklicherweise wieder Kontinuität und Seriosität in Wien eingekehrt zu sein und sportlich geht es auch wieder bergauf.
Rapid ist für seine Ultras bekannt, jedoch nicht im positiven Sinne
Die Fans sorgten dafür, dass Rapid europaweit bekannt wurde. Im Mittelpunkt stehen vor allem die sogenannten Ultras und die Beziehung zwischen dem Traditionsverein und diesen Fangruppierungen kann man Außenstehenden nur mit Hassliebe beschreiben. Der Verein ist stolz auf seine Tradition und seine Fans, denn letztendlich hat man es in Wien eben jenen Ultras zu verdanken, dass man bei jedem Heimspiel mehr als 10.000 Zuschauer begrüßen kann. Diese magische Zuschauermarke wird nämlich erst seit der Saison 2003/04 erreicht, just zu der Zeit, als sich die Ultragruppierungen besser organisierten. Auf der anderen Seite sind genau sie es, welche den Klub immer wieder in die Schlagzeilen bringen und der gesamten Anhängerschaft der Grün/Weißen dadurch ein negatives Image verpasst haben. Beispiele hierfür gibt es unzählige.
Natürlich, bei den Wiener Derbys, wenn es gegen den verhassten Nachbarn der Wiener Austria geht, ist die Stimmung ohnehin am Siedepunkt. Was aber im Mai 2011 geschah, stellte alles bis dahin Dagewesene in den Schatten. In der 26. Spielminute führte Austria bereits mit 2:0 und bei den Rapid Ultras brannten alle Sicherungen durch. Vermummte und auf Krawall gebürstete Ultras stürmten unter Einsatz von Pyrotechnik den Platz und mussten von einem massiven Polizeiaufgebot gestoppt werden. Das Wiener Derby wurde abgebrochen und in der Presse wurde von kriegsähnlichen Zuständen im Hanappistadion gesprochen. Oder im Mai 2015, als nach einem massiven Pyrotechnikeinsatz der Ultras Rapid Wien seine Heimkurve sperren musste. Im Jahre 2017 brannten einigen Fans abermals die Sicherungen durch und beschlossen, ihren Unmut der Mannschaft persönlich kundzutun. Sie stoppten hierfür den Mannschaftsbus auf einem Autobahnrastplatz und lasen dem Team die Leviten.
Die Fans fühlen sich missverstanden und unfair behandelt
Wie immer hat auch diese Medaille zwei Seiten. Die Ultras selbst sprechen davon, dass seit Jahren einseitig und immer nur negativ über sie berichtet wird. Tatsächlich ist vom organisierten sozialen Engagement der Rapid Ultras erstaunlich wenig zu lesen. Die Fans kümmern sich etwa um verlassene Gräber ehemaliger Vereinsangehöriger oder Fans, organisieren Spendensammlungen für Bedürftige und sorgen dafür, dass die Stimmung im Stadion so ist, wie sie ist und wie sie jeder Fußballfan liebt. Liest man Aussagen von Wolfgang Ruiner, dem Sportchef der österreichischen Boulevardzeitung „Österreich“, dann kann man die Ultras bei deren Kritik an den Medien durchaus verstehen. Er bezeichnet die Fans nämlich pauschal als „Krawallmacher, Rowdies und Tyrannen des Vereins“, die versuchen würden, „die Presse zu beeinflussen“. Das kam natürlich ganz und gar nicht gut in der Fanszene an, diese griffen zum gleichen Sprachgebrauch und betitelten den Herausgeber Wolfgang Feullner schlichtweg als „Fettes Schwein“.
Fehlt den Fans etwa ein Sprachrohr? Nein, die Ultras verweigern zwar generell den Dialog mit den Medien, sie wenden sich jedoch auf anderen Kanälen an die Öffentlichkeit und verbreiten ihre Sicht der Dinge. Sie schreiben etwa eigene Pressemitteilungen, veröffentlichen Videos auf YouTube und natürlich sind da auch noch Banner und Plakate im Stadion. Es sind also die Fans auf der einen Seite, die Medien auf der anderen und der Verein sitzt in der Mitte. Die unzähligen Verfehlungen seiner Anhänger kosten den SK Rapid nämlich Jahr für Jahr eine stattliche Summe an Strafzahlungen oder verpassten Eintrittsgeldern aufgrund von Tribünensperren. Freunde werden die Boulevardmedien und die Ultras vermutlich keine mehr, aber die positive Seite der Fankultur in Wien bleibt hoffentlich trotz alledem genauso wie sie ist.