Es gibt Menschen, die erfahren auf einem Kurzstreckenflug mehr Liebe, als andere in einem ganzen Jahr. Selten hat die Welt ein derart verliebtes Paar gesehen, bei dem die Augen nicht mehr aufhörten zu leuchten und das sich so zu einander hingezogen fühlte, dass das Flugzeug auch ohne Kerosin hätte abheben müssen. Sei es wies sei, der Anblick hat mein Herz mehr erwärmt als die von der Sonne geküssten bunten Häuser im “Nyhavn” des Städtchens Kopenhagen. Schön ist es hier – eine Mischung aus Hamburg und Stockholm, mit einem Schuss des radfahrbegeisterten Amsterdams – aber kleiner, ruhiger und übersichtlicher. Die Dänen habe ich schon in Fuerteventura als besonders angenehm, freundlich und tiefenentspannt kennengelernt und genau so scheinen hier alle Menschen zu sein. Es gibt auf jeden Fall deutlich mehr Museen als Stress und das ist gut, wenn man auf andere Gedanken kommen möchte.
Virginia Woolf – we are the thing itself
Während man sich das Guinnes World Record und Amber Museum getrost sparen kann, sind die Kunsthalle Nikolaj, die Kunsthalle Charlottenborg und vor allem die Ny Carlsberg Glyptotek atemberaubend schön. Vor allem die Glyptotek ist nicht nur ein Architektonisches Meisterwerk sondern auch die Inhalte wissen zu beeindrucken. Es ist eines der schönsten Museen, in denen ich bisher war. Zwischen Skulpturen von Rodin, Carpeaux, Degas und Gemälden von Gauguin, Manet und Van Gogh, machte plötzlich Virginia Woolf auf sich aufmerksam:
Hamlet or a Beethoven quartet is the truth about this vast mass that we call the world. But there is no Shakespeare, there is no Beethoven; certainly and emphatically there is no God; we are the words; we are the music; we are the thing itself
Virginia Woolf
Worte, die einem zum Nachdenken bringen. Wir sind die Worte, wir sind die Musik – oder wie es June Jordan geschrieben hat – “We are the ones we have been waiting for.” Während ich inspiriert durch die tausenden Gemälde und Statuen sowie Jahrhunderten von Zeit- und Kunstgeschichte schreite – lande ich Schlussendlich im Wintergarten bei Rodins Skulptur “der Kuss”. Die Skulptur erinnert mich umgehend an das Pärchen von heute im Flugzeug und an so vieles andere. Ob Virgina und June recht hatten oder am Ende doch eher Rodin? Der Kreis schließt sich auf jeden Fall, denke ich mir – und ziehe in die kalte, stockfinstere Nacht Kopenhagens hinaus.
Vom ersten zum zweiten Akt – von Rodin zur Queen
Der erste Akt war spannend, inspirierend und verwirrend zugleich. Morgen warten viele weitere Museen, ein botanischer Garten und Feierlichkeiten zu Ehren der Queen Margrethe II, die dieses Wochenende ihr Amt nach 52 Jahren ablegt und an ihren Sohn Frederik übergibt. Es wird also auch morgen wieder Geschichte in Kopenhagen geschrieben. Geschichten von alten Meistern, von kalten Städten, von zukünftigen Monarchen und einer unscheinbaren Seele, die auch morgen wieder etwas zu Papier bringen wird.
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