Es gibt bestimmte Ereignisse im Leben, die alle anderen Sorgen und Probleme in der Sekunde nichtig machen. Es sind dies meist keine schönen Ereignisse aber Ereignisse, die zum Leben dazugehören. Der Mensch ist ja prinzipiell ein sehr unzufriedenes Wesen. Besonders in unseren Breitengraden beschwert man sich über jede Kleinigkeit. Die Arbeitskollegen sind nervig, das Wetter ist im Winter zu kalt, im Sommer zu heiß, die Suppe zu salzig und die U-Bahn zu voll. Wie gut es uns hierzulande geht gerät leider viel zu oft und immer wieder zu schnell in Vergessenheit.
Nun gibt es aber solche Tage, die einen wieder auf den Boden der Realität zurückholen. Da steht man zum Beispiel nach viel zu langer Zeit wieder im Zimmer seines Opas, der gerade sein Mittagsschläfchen hält und erkennt ihn kaum wieder, da er seit 2 Jahren, nach einem Schlaganfall, ein Pflegefall ist und nichts mehr alleine tun kann. Nicht gehen, nicht essen – rein gar nichts. Der einst kräftigste und stärkste Mann den ich je in meinem Leben kennengelernt habe liegt vor einem und wiegt nur noch die Hälfte. Das Herz des Mannes der mitverantwortlich ist dass man überhaupt existiert schlägt nur noch langsam und leise und während ich ihn im Stillen beobachte, überkommt mich eine unfassbare Traurigkeit.
Ebenso nichtig sind die eigenen Probleme wenn man hört, dass der 2-jährige Neffe einer Bekannten von den Ärzten nach Hause geschickt wurde, da man nichts mehr für ihn tun kann. Seit Geburt an krank und stets wacker durchs kurze Leben gekämpft lautet die Diagnose Leukämie und keine Chance mehr auf Genesung. Wie schmerzhaft das für die Eltern und alle Verwandten sein muss kann ich nicht Ansatzweise nachvollziehen aber es zeigt einem, wie brutal das Leben manchmal sein kann und wie unbedeutend alle anderen Problemchen in Wahrheit sind.
So traurig diese Ereignisse auch sind, gehören sie leider zum Leben mit dazu. Wenn man auch nur ein bisschen etwas positives daraus mitnehmen kann ist es wohl, dass die kleinen Alltagsprobleme die uns ständig quälen WIRKLICH unbedeutend sind und wir dankbar sein können dass wir gesund sind und es uns derart gut geht.
Jeder Tag ist ein kleines Leben – jedes Erwachen und Aufstehen eine kleine Geburt, jeder frische Morgen eine kleine Jugend, und jedes zu Bett gehen und Einschlafen ein kleiner Tod.
– Arthur Schopenhauer
Jasmin schreibt:
Ein sehr schöner Beitrag, Jürgen! Der wirklich zum Nachdenken anregt und ein bisschen “wach rüttelt”! Danke dafür! LG, Jasmin
Jürgen Koller schreibt:
Danke Jasmin, sehr lieb.
Ritchie Pettauer | datenschmutz.net schreibt:
I feel you, man. Ich persönlich hatte in den letzten 2 Jahren ausreichend solche Erlebnisse. Wär wieder dankbar für ein paar lächerliche Luxusproblem 😉
Jürgen Koller schreibt:
Danke Ritchie! Na das klingt auch nicht grad gut, dann hoff ich dass es wieder ruhiger wird bei dir und nur die normalen Problemchen auftauchen 🙂