Früher ein einfaches Getränk zum Wachwerden, heute ein Kultdrink, der ein eigenes Studienfach verlangt. Kaffee ist längst nicht mehr einfach nur Kaffee, sondern ein echtes Statusobjekt geworden, bei dem sich Genießer in Zubereitung und Geschmack übertrumpfen wollen. Aber ist der Hype überhaupt gerechtfertigt?
Alles hat seine Hochphasen. Modesünden der 80er-Jahre erleben ihr Comeback, technische Spielereien wie das Tamagotchi haben in den 1990er-Jahren eine ganze Generation zu sorgenden Küken-Eltern gemacht und aktuell ist ein Leben ohne Netflix in den deutschen Haushalten kaum noch vorstellbar. Selbst vor klassischen Produkten, die schon seit Jahren – sogar Jahrtausenden – existieren, wird kein Halt gemacht. Entdeckt wurde der Kaffee angeblich zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert und hat somit einige Jahre auf dem Buckel. Von einer Neuheit ist an dieser Stelle keineswegs zu sprechen. Mit dem Aufkommen der trendigen Coffee Shops wie Starbucks oder Ketten wie Café Nero oder Costa boomte das Geschäft mit dem schwarzen Getränk, dem mit immer neueren Variationen der Ursprungsgedanke abhandenkam.
Süß & bunt statt schwarz & bitter
Das reine Erwachsenengetränk Kaffee wurde zum hippen Kultstatus, der mit viel Sahne, bunten Streuseln und noch mehr Sirup verfeinert wurde. Die Lager spalten sich noch heute zwischen „Lecker“ und „Auf keinen Fall“. Obwohl für die Herstellung der Frappés, Lattés oder Cappuccinos edle Sorten wie Arabica-Bohnen verwendet werden, die für einen kräftigen Geschmack stehen, ist von dem Ursprungsgeschmack kaum noch etwas möglich. Die bittere Note wird abgelöst durch Zuckerüberschuss und noch mehr Kalorien. Die Ehrlichkeit eines guten Kaffees war zerstört.
Allerdings war der Hype der mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen. Spätestens mit dem Aufkommen der bewussten Ernährung und ganzheitlichen Super Foods, die in Form von Chia-Samen oder Goji-Beeren die Frühstückbowls der Deutschen dominierten, erreichte die Lust am süßen Kaffee sein Ende. Auf volle Kalorien setzen und Industriezucker schlürfen? Nein, danke! Die Bewegung zum Selberbrühen nahm ihren Lauf.
Selbstgemacht schmeckt besser
Auf die farbenfrohe Zeit folgt bis heute eine nüchterne Ära – zumindest, wenn man die Kunst des Kaffeebrühens betrachtet. Kaffee wurde zum Heiligtum ernannt, der nur von gelernten Barista – eine Berufsbezeichnung, die ebenfalls im Zuge des Kaffee-Hypes aufkam – oder im aufwendigen DIY-Verfahren kredenzt werden durfte. Wasserkochen mit dem Thermometer oder die Ziehdauer mit dem Timer überwachen: Vom einfachen Filterkaffee, der sich seinen Weg durch die Maschine bahnt, war keine Spur mehr. Wer nur daneben steht und zuschaut, macht keinen guten Kaffee, ließe sich im Umkehrschluss glauben.
Neben den zahlreichen Kursen, Schulungen und Tutorials, die zum Kaffeekochen aus dem Boden sprossen, kamen Accessoires und Unterhaltungsformate zum Thema Kaffee auf den Markt. Wandtattoos mit Kaffeenamen zierten die Küchenwände oder ARTE-Dokumentationen wie „Lang lebe der Kaffee“ informierten ausführlich über Pro und Contra des globalen Handels mit Kaffee. Leichtere Unterhaltung ermöglichten sogar Automatenspiele: „Le Kaffee Bar“, welches von All41 Studios entwickelt wurde und auf Betway spielbar ist, verwandelt das Kultgetränk in ein liebevoll gestaltetes Slot-Game und lässt auf fünf Walzen die Bohnen tanzen. Zusammen mit Tassen, Baristas und Cupcakes enthält das Setting alles, was auch in einem guten Coffee Shop zu finden ist. Dem Kaffeeliebhaber mangelt es an nichts! Noch besser: In der richtigen Kombination sorgt das wärmende Heißgetränk für eine große Überraschung statt für erhöhten Koffeinspiegel.
Kaffee ist einfach überall! Doch das Problem ist: Fast jeder glaubt, dass die Kunst des Kaffeemachens einfach und schnell mit ein paar gelesenen Blogbeiträgen zu erlernen ist. Dem ist jedoch keineswegs so. Ein paar Klicks bei Google reichen nicht aus, um sich als Experte betiteln zu lassen und seinen eigenen Laden zu eröffnen. Schon der Gin musste diese Phase durchlaufen, als der Boom um Tonic und Botanicals um sich griff.
Der Preis der Bohne
Es ist schon fast eine Kunst, dass Marketing grundlegende Dinge und Alltagsprodukte zu einer Neuheit deklarieren kann. Es braucht ein paar pfiffige Schlagwörter, die beruhigend und besänftigend für die gestresste Generation wirken, sowie einige Anglizismen, die den Coolnessfaktor unterstreichen. Schon wird aus dem normalen Kaffee, den Oma bereits in ihren jungen Jahren genoss, ein ultimatives Getränk, das in keinem Film fehlen darf und zum Must-have in der U-Bahn gehört.
Die hohe Nachfrage und die Trendentwicklung hat allerdings ihren Preis: Wie Tagesschau im Februar 2022 berichtet, werden die Preise für das Lieblingsgetränk der Deutschen in den kommenden Monaten enorm ansteigen. Bis zu 1,30 Euro pro Kilo mehr möchten Anbieter wie Tchibo auf den bisherigen Preis aufschlagen. Grund sind die Verhandlungen zwischen Supermärkten und Röstereien, die ihre Preise im heftigen Schlagabtausch festlegen. Am Ende zahlt jedoch der Verbraucher für die Entscheidungen.
Eine Abkehr von der Bohne ist aber nicht zu erwarten. Noch ist die Liebe zum Kaffee bei den Deutschen ungebrochen und das fröhliche Filtern geht in die nächste Runde. Bleibt abzuwarten, welches Getränk in der nächsten Trendwelle angespült wird. Bisher hatte der Tee ein eher verstaubtes Image, was gutes Potenzial zur Neuentdeckung hätte. Darauf ein Tässchen?