“Der sieht aus wie der Tod” – meinte die Verkäuferin sichtlich gefasst zu mir, nachdem sie den Kunden vor mir bediente. Die Außentemperatur betrug 5 Grad, doch der Mann, der nur noch aus Haut und Knochen bestand, trug eine kurze Hose und ein kurzes T-Shirt. Er teilte eine richtig schlechte Diagnose mit der Verkäuferin, doch wünschte ihr auf eine herzliche Art und Weise alles Gute für das neue Jahr. Ihr Blick sagte mehr als tausend Worte und sie fragte sich wie ich, ob der nette Herr 2024 überhaupt noch erleben wird. Es sind diese kleinen Momente, in denen sich schlagartig ein überdimensionales Plakat vor meiner inneren Realität aufbaut, auf dem groß und fett geschrieben steht – LEBE DEIN LEBEN.
Zurück auf der Couch denke ich, Corona-geschwächt, an den Anfang des Jahres und den Wunsch eines “friedlichen und angenehmen Jahr 2023”. Friedlich war es aus globaler Sicht leider ganz und gar nicht und angenehm ist in der Nachbetrachtung wohl auch eher ein Synonym für mutlos. Es war ein Jahr ohne große Pläne und Ideen, was für einen Menschen wie mich nicht geeignet ist, da ich immer etwas benötige, worauf ich mich freuen oder hinarbeiten kann.
So war vor allem das letzte Viertel des Jahres ein wahrer Kampf und Krampf, gefangen in einem großen schwarzen Loch voller Antriebslosigkeit und Unkreativität.
Das schlimmste am eintönigen Alltag, ist der Verlust der eigenen Kreativität.
Jürgen Koller
Die guten Momente
Es gab aber auch Momente im Jahr 2023, die ich für den Rest meines Lebens nicht mehr vergessen werde, wie die beiden Roadtrips mit meinem Neffen. Die gemeinsam erlebten 90 Grad Drops, die unzähligen Loopings, die 145 km/h schnellen Achterbahnen, die Speedrutschen, das pure Adrenalin, die gemeinsame Vorfreude, die Überwindung und der tagelange, gemeinsame Spaß. Ebenso der Sprung aus dem Flugzeug aus 4000 Meter oder die intensive Sportwoche in Fuerteventura mit all den vielen netten, sportbegeisterten und positiven Menschen. Es sind wie immer jene Momente, bei denen man über seine Grenzen geht, sich wieder spürt oder auch neue Menschen kennen lernt. Aber auch die Hochzeit meiner Schwester, die Herz OP meines Vaters oder die ersten Worte meiner Nichte zählen dazu.
Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen.
Peter Ustinov
2024 – wird anders
Wenn ich eines in das neue Jahr mitnehme, dann die Gewissheit dass ich Pläne brauche und immer dann am glücklichsten war, wenn ich etwas Neues oder Verrücktes erlebt habe. 2024 darf daher also gerne ausarten. Reisen, Roadtrips, Konzerte, Festivals, diverse Verrücktheiten – es darf bunt, laut, schräg und unberechenbar werden. Es waren der vernünftigen Monate genug und noch mehr Eintönigkeit würde mich depressiv machen. So nutze ich die wenigen Tage bis zum Jahreswechsel um das neue Jahr in genau diese Richtung hin zu gestalten. Auch in Gedanken und in Verantwortung gegenüber dem netten Mann von heute und all jenen, die diese Zeit nicht mehr haben.
Wer auch immer mich auf dieser Reise 2024 begleiten möchte, darf dies gerne tun – so sehen wir uns vielleicht ja irgendwann und irgendwo im Neuen Jahr. Ich wünsche euch wie immer, von Herzen nur das Beste.
Don’t live the same year 75 times and call it a life.
Robin Sharma